Die Hoffnung

Der Schöpfer gibt jedem Wanderer, der auf die Welt kommt, ein Gepäck, das mit allem Notwendigen befüllt ist – Freude, Freundschaft, Erfolg, Liebe, Glück, Geduld und Hoffnung – unter einer unverzichtbaren Bedingung, in all diesen Zuständen leben zu lernen.

Während der Wanderer freundliche Gesichter mit Interesse anschaute, sich die Gesichtszüge der nächsten Person für sein ganzes Leben einprägte, den fröhlichen Ausrufen der Anwesenden zuhörte, vor allem dem zärtlichen Flüstern einer bekannten Lieblingsstimme;

einen Klatsch auf seine Gesäßbacken spürte, und dann die liebevolle warme Brust mit seinen Händen; die Muttermilch zum ersten Mal roch und probierte, begannen die ihm gegebenen Geschenke ihre Prioritäten zu setzen.

- Ich bin mit dem Menschen von Geburt an, - sagte Freude lächelnd. – Denn die Kinder rühren einen mit ihrem Erscheinen und sie baden selbst im elterlichen Entzücken. Die riesige Welt um sie herum jagt ihnen keine Angst ein, denn der zuverlässigste Mensch– die Mutter – ist an ihrer Seite. So, alles bringt ihnen Freude! Die Wärme der mütterlichen Hände, das

Lächeln, die Sonne, der Wechsel von Wintern und Frühlingen. Während die Kinder wachsen, teilen sie gerne ihre Lebensfreudigkeit mit der Umgebung, so lernen sie in der Tat: je mehr man gibt, desto mehr bekommt man! Beste Freunde, schulische Erfolge, erste Verliebtheit, alles versetzt sie in Entzücken. So geht es im Leben weiter, wenn es ihnen gelingt, das Licht

in der Seele zu akkumulieren, werden sie fröhlich auf neue Gefühle und Leistungen reagieren.

Denn man erleuchtet alles um sich herum, wenn man Freude im Herzen trägt. Glaubt mir, ich besitze riesige Vorräte, sie werden ständig aus der Weltbank aufgefüllt, damit man die Fähigkeit behält, sich auf einen neuen Tag zu freuen, auf das Wetter, auf Eindrücke und Reisen. Denn manchmal passiert es so, - fuhr sie seufzend fort, - die Freude, die bis zum

hohen Alter ungeteilt, niemandem geschenkt bleibt, verschluckt sich in den Klagen über das Schicksal.

- Ich glaube, man braucht mich nicht weniger als dich, - ergänzte Freundschaft im Anschluss.

– Ohne mich ist der Mensch einsam. Nur mit mir sind die tiefen ehrlichen Beziehungen möglich, die voller gemeinsamen Interessen, gleichen Lebenspositionen, Vertrauen, Treue, ständigen Bereitschaft jeder Zeit Beistand zu leisten, ist; wenn man es einfach genießt, einem anderen etwas Angenehmes uneigennützig zu tun. Freundschaft zu haben heißt, etwas zu

teilen, was für dich selbst wichtig ist, sei es Zeit oder Geheimnisse, Eigentum oder Gefühle.

Es ist ein Wunsch, einen Freund daran teilnehmen zu lassen, was dir am Herzen liegt. Ein wahrer Freund ist ein riesiges Geschenk.

Alle nickten einverstanden.

- Meint ihr wirklich, dass ihr ohne mich auskommen könnt? – kam Erfolg ein bisschen arrogant ins Gespräch. – Was ist das für ein Leben ohne Leistungen im Beruf, Studium, ohne Anerkennung bei den Verehrern/Verehrerinnen, ohne gesellschaftlichen Respekt? Ich bin

notwendig für die Aufrechterhaltung des psychoemotionalen Zustands. Manchmal schaufelt man mich handvollweise, und im hohen Alter erinnert man sich an mich gar nicht mehr. Aber es passiert manchmal auch anders: ein außerordentlicher Triumph kommt in vollem Maße im

Herbst des Lebens, damit es bequemer ist, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen. Sagt mal:

wer von euch bleibt im menschlichen Gedächtnis, auch wenn der Mensch selbst von der Bühne des Lebens abtritt? – schloss Erfolg stolz. – Ich glaube, ihr lasst meine Vorherrschaft außer Acht! – tadelte Liebe die Streitenden herzlich. – Verstärke ich nicht das Gefühl der

Lebensvollkommenheit? Ich, aktiv, uneigennützig und sogar aufopfernd, helfe den Sinn des Existierens zu finden. Was könnte für einen Menschen noch wichtiger sein? Verständlichkeit des Lebens!

Alle dachten über ihre Worte nach. Sie hatte Recht, Liebe ist ein seelischer Anklang, ein Gefühl der tiefen Zuneigung, Zielstrebigkeit und Anhänglichkeit an einen anderen Menschen.

Nur sie verflicht die Schicksale auf ihre geheime Art in ein einheitliches Sujet, das keiner Logik unterliegt.

Freude unterstützte sie gern:

- Natürlich bringen die Leute ihre Welt und Gefühle nur mit Hilfe von Liebe einander bei.

Nur sie ist barmherzig, geduldig, ohne Egoismus, Neid, Ärger und Hochmut, gutgläubig, ohne Boshaftigkeit, von der Wahrheit und Hoffnung untrennbar.

- Die Liebe gibt allerdings keine Sorglosigkeit. Sie bewegt einen und überwältigt alle, - schrie Glück auf. – Aber es passiert sehr selten, dass eine geliebte Person für einen Menschen zu einem Objekt des Dienens und der Ehrfurcht wird, ohne in seine Freiheit, sein Werden einzugreifen.

- Ja, wenn das Gefühl des Lichtes, der Schönheit, Energie das Leben verlässt, heißt es, dass es nicht genug Liebe in der Seele gibt, - stimmte Freude zu. – Wenn man in der Kindheit nicht genug Liebe bekommen hatte, dann gibt man sie sein ganzes Leben lang vorsichtig, knauserig

aus.

- Aber einem Menschen wird reichlich an allem bei der Geburt gegeben, - ergänzte Glück, das wie niemand anderer zu schwinden pflegte. – Übrigens, viele glauben, dass ich der Sinn und das Ziel des Lebens bin, seine Hauptbestimmung und Krone der menschlichen Existenz. Gebt

doch zu: alleine gesund zur Welt zu kommen ist schon Glück. Fröhlich zu leben – auch ein Glück. So lange wie möglich mit den nächsten Personen zu bleiben – ein Glück. Und was ist mit dem Glück der echten Freundschaft, der Vollständigkeit und Bedeutsamkeit des Lebens,

der inneren Zufriedenheit, der Verwirklichung seiner Bestimmung?

- Ja, Glück ist ein Zustand, wenn die Seelen in Ruhe und Harmonie mit der Umgebung sind, - nickte Freude.

- Aber auch der Wunsch von dem, was man besitzt und nicht der Besitz von dem, was man sich wünscht! – Fuhr Erfolg direkt fort.

„Das stimmt, das Verständnis des Glücks hängt am meisten davon ab, wie die Ereignisse im Leben wahrgenommen werden und nicht von der Natur dieser Ereignisse selbst“, - dachte Geduld, ohne der Polemik beizutreten. Denn sie wusste genau, wie es den Leuten schwer fiel die Geschehnisse anzunehmen, in Erwartung von Veränderungen zum Besten geduldig zu

bleiben.

Die Gedanken der tugendhaften Geduld konnten den Anwesenden nicht verborgen bleiben.

Erfolg erklärte sofort sachgerecht:

- Die Selbstbeherrschung ist zweifelsohne eine Form des Muts, resistentes Ertragen des Schmerzes, der Not, Trauer, des Unglücks im Leben. Es ist keine Passivität und bedeutet keine Niederlage.

 

- Aber manchmal, - antwortete Geduld, - verwechselt man mich mit meiner Maske, unter der sich die Gleichgültigkeit, Achtlosigkeit, Härte, sogar Liebedienerei versteckt. Manchmal geduldet man sich nur aus Notwendigkeit, manche vor Angst, manche um jemanden

zufriedenzustellen, wegen Karriere oder Erbe.

- Ihre Selbstbeherrschung und Sanftmut sind immer die Weisheit, die Fähigkeit eine fröhliche Stimmung zu erhalten, wenn es zu viel Traurigkeit gibt, - sagte Freude aufgeregt.

- Die Weisheit vermehrt sich mit den Jahren, aber wie muss man Unglück, Verrat von Freunden, Scheitern der Liebe, Verlassen vom Glück aushalten? – Freundschaft konnte nicht mehr schweigen. – Und da ist der Haken – mit den Jahren braucht man immer mehr Geduld!

- Du wenn auch sie schwindet, was dann? – fragte Glück neugierig.

Im Gegenzug dazu umarmte Geduld die neben ihr schweigend sitzende Hoffnung, die die Aufmerksamkeit von allen sofort auf sich zog.

- Wisst ihr, sie ist die Unterstützung für das Streben von jedem, der versucht sich zu überzeugen, dass das Gewünschte erfüllt wird, - sagte Geduld zärtlich. – Die Hoffnung ist für einen Menschen notwendig, man greif nach ihr wie nach einem Strohhalm. Besonders wenn die Vernunft sagt, dass es nicht gut läuft, und das Herz weiß es, aber es will sich nicht mit dem Unvermeidlichen abfinden. Wir gehen mit ihr Hand in Hand.

- Ich bin immer bei dem Menschen, - bestätigte Hoffnung. – In der Kindheit als Überzeugung in der Grenzlosigkeit der Zeit, die vor einem liegt, wenn man etwas auf später verschieben kann, in der Jugend – als Phantasie über das zukünftige Leben; später – als misstrauische Sicherheit im Erfolg, in der Liebe, in der Gegenseitigkeit. Man muss die Rückschläge dem

Menschen als vorübergehende Gründe darstellen können, damit man kein Gefühl der Hilflosigkeit hat. Denn die Leute, die ihre Hoffnung verloren haben, entweder beruhigen sich, sich in einer Illusion befindend, oder sondern sich in der Verzweiflung ab. Sogar wenn die Hoffnungen ungerechtfertigt nachlässig verschwendet wurden, gibt es von denen trotzdem noch genug, um bei einem Menschen das Interesse zu den Tätigkeiten, zum Leben aufrechtzuerhalten.

- Ja, Hoffnung ist immer an der Seite von denen, die an sich glauben, - fügte Erfolg hinzu.

- Sie kommt denen zu Hilfe, die an uns glauben, - unterstützten sie Liebe und Glück.

- Ich bin nichts ohne Glauben, der dem Menschen hilft Schwierigkeiten zu bekämpfen, Leiden und Trauer zu überwinden, - lächelte Hoffnung freundlich allen entgegen.

Ob kurz oder lang, der irdische Weg dauerte, aber der unvermeidliche Moment des Endes näherte sich. An seiner Schwelle kann man das volle Bild des Lebens vom Wanderer sehen:

ob es ihm gelungen ist, in all den ihm geschenkten Zuständen zu sein, und ob erfolgreich?

Nur in einer bekannten Mythe blieb bei der Pandora nur die Hoffnung am Boden des Kastens. 

Und für den sich verabschiedenden Wanderer ist es eine große Stütze, wenn der verdienten Hoffnung zu Hilfe, um die Stunde des Endes zu erleichtern, noch Freude, Liebe, Geduld und Freundschaft bleiben.

Die Hoffnung selbst, der die grenzlose Liebe zugeteilt wurde, wird zu einem Blindenführer für Gottes Seele, die zu ihren himmlischen Penaten zurückkehrt.